Historische Lexikoneinträge zu Johann Rosenmüller (1617-1684)

Datum: 2010-10-01

Übersicht

Encyclopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften, oder Universal-Lexcon der Tonkunst. Bd. VI. Stuttgart 1838, 58f.

Rosenmüller, Johann, in Sachsen geboren (wo?), studirte zu Leipzig, wo er früher auch seine musikalische Bildung sich erworben hatte, und ward um 1640 daselbst Collaborator an der Thomasschule. An dieser war damals Tobias Michaelis, ein geschickter, aber sehr kränklicher und besonders von der Gicht sehr oft geplagter Mann, als Cantor und Musikdireetor angestellt. Rosenmüller, noch jung und kräftig, auch arbeitslustig, benutzte diese körperlichen Umstände des Michaelis, die denselben häufig an der Erfüllung seiner Berufsgeschäfte hinderten, durch Uebernahme des demselben obliegenden Unterrichts Beweise von seinen musikalischen Kennt-nissen und Fertigkeiten zu geben, und brachte es dadurch endlich sogar so weit, daß er einen eigenen Chor bilden und denselben neben dem des Michaelis öffentlich auftreten lassen durfte. Die vortrefflichen Leistungen dieses Sängerchors verbreiteten R's Ruf als eines tüchtigen Musikers, den er dann nicht minder auch durch mancherlei Compositionen für jenen (Motetten etc.) unterstützte. Sicher wäre er [1657], als Michaelis starb, zu dessen Nachfolger ernannt worden; aber schon 2 Jahre früher war er in Folge eines unnatürlichen moralischen Verge-hens in Untersuchung und gefänglich eingezogen. Er fand Mittel, aus dem Kerker zu entkommen, und floh nach Hamburg, von wo aus er mehrmals Begnadigungs-Gesuche an den Churfürsten nach Dresden schickte, deren einem er auch die schöne Melodie zu dem Chorale "Straf' mich nicht in deinem Zorne etc.", welche er in Hamburg componirt hatte und die noch jetzt gesungen wird, beilegte. Alle seine Bitten waren jedoch vergebens, und so ging er nun nach Italien, und suchte als Musiker hier seinen Unterhalt, den er in Venedig auch bald fand. Er galt hier für einen der tüchtigsten Lehrer in der Musik, der von einheimischen und ausländischen jungen Künstlern weither aufgesucht ward. Unter Anderen ging auch J. Ph. Krieger 1673 nach Venedig, um seinen Unter-richt zu genießen. Um 1680 berief ihn der Herzog von Braunschweig zu seinem Capellmeister. Dadurch ward ihm Gelegenheit, seine Tage auf deutschem Boden zu beschließen, und in der That von Allen, die ihn näher kannten, wieder geliebt und geschätzt. Er starb zu Wolfenbüttel 1686. Printz rühmt in seiner Geschichte R's außerordentliche Reinheit im Satze, und Mattheson setzt in seinem "vollkommenen Capellmeister" hinzu, daß R's kräftige und tonreiche Kirchensonaten Musterwerke ihrer Art seyen, und daß er selten weniger als 12 reine und besondere Stimmen, z. B. 4 bis 5 Posaunen, eben so viele Bogeninstrumente, ein Paar Cornetten oder Hoboen sammt dazu gehörigen Bässen, geseht habe. Auch die bekannte Choralmelodie "Alle Menschen müssen sterben etc." wird ihm zugeschrieben. Von seinen gedruckten Sachen können noch angeführt werden: 3- und 7stimmige Kernsprüche des alten und neuen Testaments (1648 und 1652), "Studenten-Musik für 3 und 5 Instrumente" und 12 Sonaten für 5 Instrumente (1667 und 1671). Viele andere sind verloren gegangen.

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Pierer's Universal-Lexikon, 4. Auflage 1857–1865

Rosenmüller, Johann, geb. um 1612 in Kursachsen, war erst Collaborator an der Thomasschule in Leipzig, entwich aber 1655, beschuldigt, seine Schüler zu Unsittlichkeiten verführt zu haben, nach Hamburg u. von da nach Italien, wo er meist in Venedig lebte; er st. 1686 als Kapellmeister in Wolfenbüttel. Er ist Componist des Chorals: Straf mich nicht in deinem Zorn; setzte auch biblische Texte nach Concertweise, 1648 u. 1653.

[Pierer's Universal-Lexikon, S. 183905 (vgl. Pierer Bd. 14, S. 367)]

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Worterklärung "Amphion"

Amphion (Gr. M.), [...] der berühmte griechische Barde, welcher so vortrefflich die Lyra spielte, dass sich nach dem Klange derselben die Steine bewegten, Sohn des Jupiter und der Antiope, ward nebst seinem Zwillingsbruder Zethus gleich nach der Geburt ausgesetzt, von Hirten gefunden und gross gezogen. A., durch Schönheit und Muth ausgezeichnet, ward von Apollo oder den Musen mit der Lyra beschenkt, welche er auf bewundernswürdige Weise spielen lernte; auch ward er durch die Gunst der Himmlischen ein trefflicher Dichter, und entzückte bald Alles durch Spiel und Gesang, obwohl er dabei immer noch Hirt und Jäger blieb. Da kam Antiope zufällig zu dem Erzieher ihrer Kinder, welche sie als die ihrigen erkannte, und von jetzt an wendete sich das Schicksal der Brüder und ihrer Mutter; denn voll Zorn auf Lycus und Dirce, welche Antiope bisher so schändlich behandelt hatten, vereinigten sich Erstere zu deren Bestrafung mit den Hirten der Umgegend, ein rüstiges Heer überfiel Theben, und Lycus blieb von Zethus' Händen. Die Burg von Theben, Cadmea, ward noch mehr befestigt, und die Stadt selbst durch Doppelmauern mit bedeckten Gängen mit der Akropolis verbunden. – Hier, sagt man, habe A. die Steine nach den Tönen seiner Lyra bewegt, so dass sie sich selbst zusammengefügt und die Mauern geschlossen hätten. Nun vermählte A. sich mit Niobe; die Ehe war höchst glücklich, denn Niobe war edel und schön, so schön, dass sie, nachdem sie 14 Kinder geboren, nur das älteste unter diesen Geschwistern schien; doch ihr Glück machte sie übermüthig, und sie pries sich höher, als Latona, welche nur zwei Kinder hatte. Zur Rache dafür erlegten die Kinder der Latona, Apollo und Diana, mit ihren Pfeilen alle Kinder der Niobe.

[Wörterbuch der Mythologie: Amphion. Wörterbuch der Mythologie, S. 803 (vgl. WdM, S. 39 ff.)]

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