Die Weibermühle

von Georg Anton Bredelin (1752-1814)

Bredelins Jugend- und Ausbildungszeit

Georg Anton Bredelin (1752-1814)

Der Magister, Musikdirektor und fürstenbergische Schulvisitator Georg Anton Bredelin wurde am 18. September 1752 in der freien Reichsstadt Biberach / Riß geboren. Bredelin besuchte vermutlich ab seinem 6. Lebensjahr die katholische Lateinschule, in der er die ersten Anregungen für sein späteres Schaffen erhielt, denn dort fanden zweimal jährlich, in der Fastenzeit und am Schluss des Sommerhalbjahres im September, Schultheateraufführungen statt, in deren Anschluss die Schulpreise verliehen wurden. Zur Vorbereitung seines Universitätsstudiums ging Bredelin von 1763 bis 1771 auf die zu jener Zeit von bis zu 30 Schülern besuchte Klosterschule von Obermarchtal. Im Wintersemester 1771/72 begann Bredelin an der Freiburger Universität mit seinem Studium.

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Ein hoch geschätzter Präzeptor und Schulvisitator

Georg Anton Bredelin: Das Ziel und End des Menschen

Am 26. Juni 1778 heiratete Bredelin in Hayingen, das in der Nähe der Klöster Zwiefalten und Obermarchtal liegt und von 1627 bis 1806 fürstenbergisch war, Maria Knoll, die 40-jährige Witwe des Lehrers Aegydius Knupfer, und wurde fürstlich-fürstenbergischer Stadtpräzeptor. An seiner neuen Wirkungsstätte konnte sich seine künstlerische Begabung voll entfalten. Von den ungefähr zehn "Schulcomödien", die er in Hayingen gedichtet und komponiert haben dürfte, hat sich bislang nur das am 1., 3. und 8. April 1781 aufgeführte Spiel "Das Ziel und End des Menschen" auffinden lassen. Das vom fürstenbergischen Hofbuchdrucker Johann Matthäus Mieth in Donaueschingen gedruckte Textheft diente zugleich als Einladung; in ihm wird auch auf die Verleihung von Prämien an die Schüler hingewiesen.

Am 16. Januar 1783 kam Bredelins unehelicher Sohn Franciscus Aloisius zur Welt. Mutter war die 16-jährige Maria Anna Knupfer, Bredelins Stieftochter aus der ersten Ehe seiner Frau. Da er deshalb vermutlich in seiner Vorbildfunktion als Lehrer in Hayingen nicht mehr tragbar war, zog er am 26. März 1784 nach Hausach im Austausch mit dem dortigen Lehrer Nepomuk Hirler.

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Das gesamte Schulwesen im Fürstentum Fürstenberg wurde zu jener Zeit durch den seit 1783 regierenden Fürsten Joseph Maria Benedikt (1758-1796) grundlegend reformiert. Den entscheidenden Anstoß zu dieser umfassenden Schulreform gab vermutlich die Einführung der so genannten Normal-Methode in Österreich und damit auch in Freiburg / Brsg., der Hauptstadt von Vorderösterreich. Einige fürstenbergische Lehrer erlernten dort die "neue Lehrart" und führten sie in ihrer Heimat ein. Ab 1784 waren alle Lehrer im Fürstentum, und somit auch Bredelin, dazu verpflichtet, in Donaueschingen einen Normallehrkurs zu absolvieren.

Bredelin musste nach und nach wegen des Leichtsinns und der "Unhäuslichkeit" seiner kränklichen Ehefrau etwa 800 fl Schulden machen. Er verdiente damals 83 fl 36 kr im Jahr und bekam dazu einen Krautgarten und 6 Klafter Holz, ab 1786 zusätzlich 50 fl aus dem Landesschulfonds, mit dessen Mitteln jene Lehrer unterstützt wurden, die "noch keinen ihrer Arbeit angemessenen Lohn genossen", und aus Rücksicht auf seine "ohnehin verarmten Umstände und geringen Besoldung" 20 fl aus der Wolfacher Almosenstiftung, insgesamt also 153 fl 36 kr. Darüber hinaus versuchte die Fürstin Maria Antonia Bredelins Eltern zu einer finanziellen Hilfe zu überreden, doch hatte sie keinen Erfolg, denn diese waren mit ihrer unseriösen Schwiegertochter und Georg Antons Fehltritt überhaupt nicht zufrieden und verweigerten jegliche Unterstützung.

Die Stadt Hausach genehmigte Bredelin 1785 ein "Öfele" für sein neues hinteres "Stüble". Im Jahr darauf beklagte er sich bei Landvogt von Schwab über den Hausacher Pfarrer, da dieser seinen verkrüppelten Sohn nicht leiden könne, dass er stets gegen ihn arbeite und ihn hasse, warum wisse er nicht.

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Georg Anton Bredelin: Minervens letztes Fest

Allen Widrigkeiten zum Trotz fand Bredelin die Muße, für den am 19. März 1786 gefeierten Namenstag der beiden Fürsten Joseph Maria Benedikt von Fürstenberg und dessen Schwiegervater Joseph Wilhelm Eugen von Hohenzollern-Hechingen das Huldigungsgedicht "Minervens letztes Fest" zu schreiben, das ein antikes Fest zu Ehren der Göttin Minerva schildert und es allegorisch auf die Fürsten bezieht. Möglicherweise revanchierte sich Bredelin damit für die Unterstützung durch den Fürsten in seiner schwierigen Situation. In den Fußnoten erläutert der Hausacher Schulmeister die Hintergründe seines Gedichts unter Verweis auf die ihm seit seiner Schulzeit vertraute griechische und römische Literatur der Antike.

Die Hausacher Schule befand sich in der Stadtmühle. Nachdem sich Bredelin darum bemüht hatte, in der Einbacher Schule die vorgeschriebene neue Lehrart einzuführen, es dabei aber zu Problemen mit dem von ihm eingesetzten 22-jährigen Lehrer Franz Xaver Ilg kam, verfügte Bredelin 1785, dass die 60 Schüler aus Einbach künftig zu ihm in die Hausacher Schule kommen müssten.

Der Hausacher Pfarrer Karl Kayser nannte Bredelin einen "Meister-Lehrer" und schrieb in seinem Schulbericht: "Wie zu Hausach werden in den fürstenbergischen Landen wenig Schulen angetroffen werden". Bredelins hervorragende Leistungen führten zu seiner Ernennung zum ersten nichtgeistlichen fürstenbergischen Schulvisitator. Seine Aufgabe bestand darin, zumindest einmal jährlich am Ende des Winterhalbjahres um die Osterzeit die Schulen genau zu untersuchen und über deren Zustand der fürstlichen Regierung einen Bericht vorzulegen.

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Um 1787 schrieb Bredelin sein bekanntestes Werk, "Die Weibermühle. Ein musicalisches Nachspiel in 1. Aufzuge", das in Wolfach von der von ihm wahrscheinlich gegründeten und geleiteten "Commedianten-Compagnie" erstmals gespielt worden sein dürfte, da in Hausach wegen der ärmlichen Verhältnisse keine Möglichkeit dazu bestand. Die Commedianten-Compagnie führte 1788 im Rathaus die vermutlich ebenfalls aus Bredelins Feder stammende "Fuxen-Commedie" auf. Es ist anzunehmen, dass aus der Compagnie zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Freie Narrenzunft Wolfach hervorging, die ab 1803 deren Spieltradition und somit auch die Weibermühle übernahm.

Um seine weiterhin bestehende große finanzielle Not zu lindern, richtete Bredelin 1788 eine Bittschrift an den Fürsten von Fürstenberg. Er musste seinen Gläubigern seine Kleider und Hausgeräte preisgeben. Der 1786 zum Abt von Schuttern gewählte, aus Oberkirch stammende Placidus III. Bacheberle (1745-1824) erkannte den Wert des dichtenden Schulmannes, beglich dessen Schulden und gewährte ihm als Professor der lateinischen Sprache an der Klosterschule freie Kost und ein Gehalt von 100 fl.

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Bereits 1789 kehrte Bredelin wegen der Auflösung der Klosterschule wieder nach Hausach zurück, wo er noch acht Jahre segensreich wirkte. 1794 übernahm er abermals das Amt des Schulvisitators zusammen mit dem Schenkenzeller Pfarrer Joseph Gratian Hoßner (1733-1815), der in den Visitationsakten bemerkte: "Die Hausacher Schule gewinnt immer mehr unter der fortdauernden Anstrengung des vortrefflichen Lehrers Georg Anton Bredelin".

In der Karlsruher Zeitung vom 16. Mai 1796 veröffentlichte Bredelin einen Subskriptionsaufruf für ein neues Buch:

Hausach. Endesgesetzter ist gesinnt, ein Büchlein von ungefehr 10 Bögen unter dem Titul: „Biblische Beyspiele über die vornehmsten Gegenstände der Religionslehre, zum Gebrauch der Katecheten, Eltern, Lehrer und Kinder“ auf Subscription in den Druck zu geben. Dieses Werklein hat eine Nachricht an die Lehrer über seinen mehrfältigen Gebrauch, dann einen Anhang über die Nutzanwendung dieser sehr kurzen biblischen Beyspiele, nebst einer praktischen Anleitung, wie hierüber katechisirt werden könne etc. Die Anzahl der Herren Subscribenten wird den Preiß des Werkleins bestimmen, jedoch nicht über 24 kr. kommen. Ihre Namen nebst Charakter werden auf Verlangen eingrückt. Der Subscriptionstermin ist bis Ende Augusts dieses Jahrs. Die HH. Liebhaber wenden sich entweder an Hrn. Hofbuchdrucker, Joh. Matth Mieth zu Donaueschingen oder an mich. Briefe und Geld bittet man sich postfrey aus. Wer 10 Exemplare nimmt erhält das eilfte frey.
Georg Anton Bredlin, [sic!]
Präceptor zu Hausach im Kinzingerthal.
Macklots Hofbuchhandlung nimmt auf obiges Subscription an.

Karusruher Zeitung vom 16.5.1796
Subscriptionsaufruf für Bredelins Buch "Biblische Beyspiele über die vornehmsten Gegenstände der Religionslehre"

Seinen letzten Visitationsbericht verfasste Bredelin am 31. Juli 1797, denn drei Wochen zuvor hatte ihn der katholische Rat in Biberach / Riß zum Nachfolger des "flüchtig gegangenen" Magisters Kasimir Böhm an der katholischen deutschen Schule ernannt.

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Als Magister und Musikdirektor in Biberach / Riß

Bredelin widmete sich auch in Biberach dem Dichten und Komponieren und engagierte sich in der katholischen Komödiantengesellschaft. Die Namen und Wappen von elf Mitgliedern der katholischen Gesellschaft, darunter auch Bredelin als 2. Vorsteher, sind auf der 1800 entstandenen Biberacher Theatertafel "Die Tragische und die Komische Muse" zu sehen, die vermutlich von Joseph Anton Neher (1776-1832) gemalt wurde.

Am 16. und 23. Mai 1802 führten unter der Leitung des evangelischen Stadtammans von Heider beide Komödiantengesellschaften gemeinsam das von Bredelin komponierte dreiaktige Singspiel "Die Wilden" auf. Der Theaterzettel dieser Vorstellung nennt als Verfasser des Librettos Dr. Heinrich Gottlieb Schmieder (1763-1828). Der Text geht zurück auf die am 3. Mai 1787 in Paris aufgeführte, sehr erfolgreiche Oper "Azémia ou Les Sauvages", eine "comédie comique mêlée d'ariettes", die der seinerzeit beliebte französische Komponist Nicolas Dalayrac (d'Alayrac, 1753-1809) auf einen Text des mit ihm befreundeten Schriftstellers Auguste Etienne Xavier Poisson La Chabeaussière (1752-1820) komponierte.

In seiner Funktion als katholischer Musikdirektor war Bredelin 1802 in leitender Position zusammen mit dem evangelischen Musikdirektor und Komponisten Justin Heinrich Knecht (1752-1817) an zwei Aufführungen des Oratoriums "Die Schöpfung" von Joseph Haydn beteiligt.

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Am 20. Juni 1806 übernahmen die beiden Musikdirektoren, der katholische Bredelin und der evangelische Knecht, gemeinsam den Musikunterricht am zwei Monate zuvor neu gegründeten Gymnasium beider Konfessionen im Gebäude der katholischen Professoratsschule in der Gymnasiumsstraße 28 und erhielten dafür eine Jahresvergütung von jeweils 25 fl.

Im Schwäbischen Landesmusikarchiv an der Universität Tübingen findet sich im Bestand des Zisterzienserinnenklosters Gutenzell bei Biberach / Riß unter der Signatur Gg 131 ein "Dies Iræ mit lateinischem u. deutschem Texte, 4. stimmig allein oder in Begleitung mehrerer Blaseinstrumente. Compose Bredelin".

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Theaterzettel für Bredelins Oper "Der Berggeist"

1825 kam Bredelins große Oper "Der Berggeist", deren genaue Entstehungszeit nicht bekannt ist, nochmals auf die Biberacher Bühne. Während Text und Musik verschollen sind, ist in der handschriftlichen Chronik der "Bürgerlichen Schauspieler-Gesellschaft in Biberach an der Riß" eine Aktorenliste der Aufführung vom 13. März 1825 überliefert und ein gedruckter Theaterzettel.

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Im Biberacher Braith-Mali-Museum befindet sich ein Portrait Bredelins, gemalt von Karl Joseph Bernhard Neher d. Ä. (1743-1801) in Öl auf Leinwand im Format 84,5 cm * 60,8 cm, das 1909 vom Biberacher Kunst- und Altertumsverein in Bad Buchau erworben wurde: Der Dargestellte steht in grünem Rock und weißer seidener Weste mit Goldstickerei vor roter Draperie; er trägt eine kurze Perücke und hält in den Händen eine Schnupftabaksdose.

1813 ging Bredelin unter Beibehaltung eines Teils seiner Besoldung in den Ruhestand. Das Amt des Musikdirektors übernahm der Uhrmacher Joseph Brogle, seine Schulstelle bekam Joseph Augustin Epple. Einem Verwandten schrieb Bredelin im gleichen Jahr ins Stammbuch:

Von einem invaliden Lehrer
Nimm diese kranken Zeilen hin,
Ich bleib als Vetter Dein Verehrer
Und heiß: Magister Bredelin.

Am 15. November 1814 starb Bredelin im Alter von 62 Jahren.

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