Schauertag

Fasnetgeschichte

In Wolfach wurde früher der Schauertag alljährlich am Aschermittwoch abgehalten, das Feiern desselben als "schuren" bezeichnet. Er gehörte zu den 16 Mahlzeiten, welche "von altershero bey der Stadt Wolfach gehalten oder sonsten in parem Geld bezahlt worden". Der Oberamtmann, der Landschreiber, der Stabhalter (Schultheiß), die vier Bürgermeister und der Stadtschreiber mit ihren Frauen, meist auch die Geistlichkeit, die aber keinen Anspruch darauf hatte, trafen sich in der Stubenwirtschaft im Rathaus ein, um auf Kosten der Stadt gemeinsam Wein zu trinken sowie Butter, Brot, Erbsen und "Meuchlen" zu verzehren. Das Verb "meucheln" bedeutet 'heimlich naschen', ein "Meuchler" ist ein 'heimlicher Fresser'. Das lässt vermuten, dass es sich bei den "Meuchlen" um eine Speise handelt, die im Innern etwas Essbares verbirgt, das einem frommen Christen zur Fastenzeit verboten ist, beispielsweise Fleisch. Meuchlen könnten demnach eine Art von Maultaschen sein, bei denen das Fleisch in Nudelteig gewickelt ist, um es vor den gestrengen Blicken des Herrn zu verstecken. Inwieweit das 1548 erwähnte Essen von Aalen, bei dem nur Frauen beteiligt waren, mit dem Schauertag oder der Fasnet zusammenhängt, ist nicht bekannt.

Die Abrechnung des Schauertags 1564 verzeichnet einen gigerlohn (Geigerlohn), demnach wurde bei dieser Zehrung auch musiziert.

| nach oben |

Die Stadt bewirtete nicht nur die Berechtigten, sondern lud auch die Bürger ein und bezahlte ihnen Brot und Wein, 1630 auch erstmals "Meüchlin". 1600 wird ausdrücklich auf die im kommenden Jahr zu leistenden Fronen für den Pfarrhof, den Turm und das Rathaus hingewiesen. In Wolfach bestand gemäß der Freiheitsbriefe seit 1305 für die Bürger der Stadt keine Fronpflicht gegenüber der Herrschaft; sie brauchten nur freiwillige Fronen zu leisten.

1608 steht geschrieben, dass die Bürger nach "altwohlhergebrachtem" Brauch berufen werden, der Schauertag also damals schon eine alte Tradition war. In Kriegs- und Notzeiten entfiel die Zehrung, beispielsweise 1632, 1636, 1639 sowie von 1643 bis 1647; die Berechtigten erhielten dafür eine finanzielle Entschädigung. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts wurden immer mehr Ratszehrungen, und so auch der Schauertag, nicht mehr "in natura geben und gehalten", sondern grundsätzlich nur noch die Geldbeträge an die Berechtigten ausgezahlt.

In einer Ergänzung zur 1607 vom Grafen Christoph von Fürstenberg (1580-1614) erlassenen Kinzigtäler Landesordnung wird 1650 der Schauertag am heiligen Aschermittwoch "als einem Stuckh von der leichsinnigen Fasnacht" verboten und seine Feier bestraft; aber bereits 1653 wird der Schauertag nachweislich wieder gehalten. Das Verbot bezog sich demnach nicht auf die städtische Ratszehrung, sondern vermutlich auf in den Quellen nicht genannte Auswüchse oder private Schauertagsbräuche.

| nach oben |

Es ist anzunehmen, dass sich damals schon ein Teil der Bewohner am Aschermittwoch in geselliger Runde unabhängig vom offiziellen Brauch zum Verzehr von Meuchlen und Wein traf, wie dies aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Franz Joseph Mones Beschreibung von 1867 bezeugt wird:

Der Schauertag ist in Wolfach bis vor etwa 20 Jahren noch im Gebrauch gewesen, man nannte die Feier desselben schuren, und sie bestand darin, daß mehrere Familien zusammen giengen und Striblen und Fische in einem gemeinschaftlichen Mahle verzehrten. Jetzt hat man diese Volkssitte mit den Gebräuchen am Fastnachtsdienstag vereinigt.

Weil der Schauertag das üppige Schmausen und Zechen der Fastnachtszeit in die Fastenzeit hinein fortsetzte, wurde er auf Betreiben des von 1856 bis 1860 in Wolfach tätigen Pfarrverwesers Ernst Ginshofer abgeschafft. Nach mündlicher Überlieferung trafen sich die Narren seit dieser Zeit bereits am Fasnetzieschtigabend zum Schuren in den Wirtshäusern, um insbesondere Strieble, die in großen Mengen kostenlos ausgegeben wurden, zu essen. Schon nach der Elfemess gab es in den Elfemesswirtschaften neben den Strieble auch Stockfisch und Heringssalat. Der Brauch der kostenlosen Ausgabe von Speisen und Getränken nach den Elfemessen wurde 1891 offiziell aufgehoben.

| nach oben |