Narrenbrunnen

am Gassensteg

Nach ersten Beratungen im Narrenrat wandte sich Narrenvater Erich Steinhauser sen. im September 1968 brieflich an den Bürgermeister Arthur Martin und teilte ihm mit, dass die Narrenzunft beabsichtige, bis 1970 einen Narrenbrunnen beim Gassensteg zu erstellen, wo die im Volksmund als "Reifschniiderdenkmal" bezeichnete Litfasssäule stehe. Einen Monat später beschloss der Gemeinderat, den Narren den Platz am Gassensteg für den Brunnen zu überlassen. Es gab unter den Bürgern der Stadt aber auch sofort Gegenstimmen, die meinten, das benötigte Geld wäre für soziale Zwecke wesentlich sinnvoller angelegt.

Wolfacher Narrenbrunnen
Wolfacher Narrenbrunnen

In ihrer ersten Sitzung im Dezember 1968 beschloss die "Kommission zur Erstellung des Narrenbrunnens", bestehend aus Narrenvater Steinhauser, Zunft-Ehrenpräsident Erwin Haas, Ummo Bartmann, Otto Bauscher, Günter Endres, Albin Grieshaber, Horst Hund, Raimund Schuler, Louis Schulte und Hugo Vivell, den Brunnen am Gassensteg zu verwirklichen, nachdem die Mitglieder andere mögliche Standorte nach intensiver Prüfung verworfen hatten.

Die ersten Pläne sahen zunächst nur eine einzige lebensgroße Figur des Wohlaufmaas vor, für die der Wohlaufsänger Rudolf Blattner als Vorbild dienen sollte. Doch entschieden sich die Verantwortlichen dann einstimmig für den Entwurf des Akademischen Bildhauers Walter Haaf aus Zell / Harmersbach mit etwa einen Meter hohen Bronzefiguren des Wohlaufmaas, der Schellen-, Nussschalen-, Rösle- und Mehlwurmhansel sowie der Rungunkel. Die Figuren stellte die Kunstgießerei Ernst Strassacker GmbH & Co. KG in Süßen her. Die von Josef Krausbeck unterstützte Idee, den Brunnentrog nicht aus Beton, sondern aus Naturstein zu gestalten, wodurch sich die nach einigen Jahren aufgetretenen Betonschäden hätten vermeiden lassen können, wurde von Narrenvater Steinhauser verhindert.

| nach oben |

Am 11.11.1969 fand die Grundsteinlegung statt. Nach einer Ansprache des Narrenvaters und einem Feuerwerk der Rungunkeln verlas Sekretarius Schuler den Text der Grundsteinurkunde:

Wir freye Narren zue Wolfa thuen kund und zu wissen, daß wir itzo, am Tage Martini, dem 11. Novembris des Jahres 1969 den Grundstein zu diesem Narrenbrunnen legen. [...] Dieser Narrenbrunnen wurde gestiftet von: Wolfacher Bürgern / von Wolfacher Industriebetrieben / von der Stadt Wolfach. Bauleitung und Bauausführung lagen in der Hand von Kämmerer Ewald Fritsch und seinen getreuen, närrischen Vasallen. Die alte Narrenstadt Wolfach zählte am selbigen Tag fast 4800 Seelen, vom Siechenwald bis zur Weihermatte, vom Spitzrank bis zur Schmelze. Möge dieser Brunnen für alle Zeiten bestehen, in guten und in schlechten Tagen immer laufen und "guet Wasser" bringen und nie versiegen. Er soll auch in ferner Zeit künden vom närrischen Geist der Wolfacher. Gegeben zue Wolfa am Tage Martini, den 11.11.1969. Der Bürgermeister der Kreisstadt Wolfach Arthur Martin. Der Narrenvater der freien Narrenzunft Wolfach Erich Steinhauser sen.

Bauleiter Fritsch mauerte danach eine vom Organisator Werner Lorenz gefertigte Kupferkapsel mit der Urkunde, verschiedenen Geldmünzen und den Narrenorden der Zunft im Sockel des Brunnentroges ein. Bei der anschließenden Narrenversammlung beschwor Narrenrat Albert Wöhrle den Narrogeist, damit dieser in den Brunnen fahre und das Wasser für alle Zeiten sprudeln lasse.

Den Narrenbrunnen putzte und schrubbte in den ersten Jahren Josef Heizmann, der ursprünglich "Waldwebersepple" genannt wurde, aber dann bald in Anerkennung seiner unermüdlichen Arbeit den Spitznamen "Brunnensepple" erhielt, den ihm die Kaffeetanten auf seinen grünen Schurz stickten. 1980 übernahm Franz Hauer die Pflege des Brunnens.

| nach oben |

In der Sitzung des Großen Narrenrates im Mai 2000 stellte Walter Haaf den Entwurf für die Neugestaltung seines 30 Jahre zuvor entstandenen Brunnens vor. Der Große Narrenrat erteilte Haaf einstimmig den Auftrag zur Realisierung der Pläne. Die Kunstgießerei Ernst Strassacker übernahm wie schon 1970 die Herstellung der neuen Figuren.

Die Bauarbeiten zum neuen Brunnen begannen im April 2000; am 23. Oktober wurden die Bronzefiguren auf den drei neuen Sockeln montiert und zunächst verhüllt. Ein vierter Sockel am Rande der neuen Brunnenanlage blieb vorerst frei für eine zukünftige Ergänzung um weitere Narrenfiguren.

Am Abend des 11.11.2000 fand die feierliche Enthüllung des Brunnens statt, bei der er langsam aus einer illuminierten Nebelwolke auftauchte, umrahmt von einem kleinen Feuerwerk. Von der Stadtkapelle musikalisch begleitet, kam nun die alte Benz-Feuerwehr-Kraftfahrspritze, Baujahr 1926, mit ihrer historisch gekleideten Besatzung angefahren; die Feuerwehrleute schafften in einer langen Kette Wasser in alten Leinensäcken von der Kinzig zum Brunnen und wässerten ihn ein. Nach kurzen Ansprachen von Bürgermeister Moser, Narrenvater Oberle und dem Bildhauer Haaf überreichte Bernhard Stelzer vom Förderverein der Wolfacher Fasnet dem Narrenvater zur Deckung der Gesamtkosten der Brunnenfiguren einen Scheck. Zur Finanzierung des Restbetrages gab die Narrenzunft vom Festabzeichen 2001, das die neue Währung 1 Narro darstellt, eine limitierte Auflage von 111 Stück in Gold heraus.

Nach dem Kaffeetantenumzug am Schmutzige Dunnschtig 2001 ging der neue Brunnen im Rahmen eines kleinen Festaktes offiziell in Betrieb, wobei Bürgermeister Moser und Narrenvater Oberle sowie Stadt- und Narrenräte die Schenkungsurkunde unterzeichneten, mit der die Narrenzunft den Brunnen der Stadt überließ.

2010 wurde der Brunnen um einen Zylinder, einen Geldbeutel und eine Bürste ergänzt als Symbol für die Geldbeutelwäsche. Ein Trommler und eine Kaffeetante kamen schließlich an der Fasnet 2022 noch dazu.

| nach oben |