Hästräger mit Larven, Teil 1

 Teil 2

Schellenhansel

Schellenhansel

Ein Jahr nach dem Beitritt der Freien Narrenzunft Wolfach zur Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte entstanden 1934 zwölf neue Schellenhansel in den Wolfacher Stadtfarben Gelb und Blau. In Erinnerung an den alten Spättlehansel erhielten sie an den Ärmeln und Beinen jeweils drei Zackenreihen. Nach einem Entwurf von Mehlhändler Adolf Gießler nähte die Damenschneiderin Anna Fehrenbach die Hansel aus gutem, teurem Stoff in vornehmer Ausstattung. Die Larve entstand nach einem Vorbild aus dem 18. Jahrhundert. Der Schellenhansel teilt mit einer gelb-blau gestreiften Pritsche seine gut gemeinten Schläge aus; die seit dem 15. Jahrhundert zur Ausstattung eines Hanswursts oder Harlekins gehört. Den Rücken des Hansels ziert ein großes W, die Brust ein auf einer blauen Raute gemalter Wohlaufmaa mit Stalllaterne als Reminiszenz an den bekanntesten Wolfacher Fasnetbrauch. Die Betonung des lokalen Bezugs zur Heimatstadt war zu jener Zeit bei der Neugestaltung von Narrenfiguren sehr beliebt.

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Links die originale Schellenhansellarve aus dem 18. Jahrhundert, rechts die ersten Schellenhansel 1935

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Hölzerne Narrenpritsche aus dem 19. Jahrhundert

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Nussschalenhansel

Nussschalenhansel

Nach mündlicher Überlieferung gab es in Wolfach um 1850 einen Hansel mit Holzlarve und einem Häs aus grünem Stoff, das überall mit Nussschalenhälften benäht war. Getragen wurde er von einem Knecht der Gastwirtschaft "Zum Hirsch" an der Stadtbrücke. Wie so viele Hanseltypen in Wolfach, so geriet auch dieser in Vergessenheit. Erst zur Fasnet 1960 entstanden auf Anregung von Josef Krausbeck die ersten neuen Nussschalenhansel, alle ausstaffiert mit Strohschuhen und einer Saubloder. Nach einem Aufruf in den Zeitungen wurden dafür etwa 10.000 Nussschalen eingesandt; unter den Teilnehmern der Aktion verloste die Narrenzunft einen kompletten Hansel, der heute im Heimatmuseum ausgestellt ist. Die Larven nach einem Vorbild aus dem 18. Jahrhundert schnitzte ein Kriegskamerad von Krausbeck. Die den Kopf bedeckende Gugel ist zipfellos und mit einer Raubvogelfeder geschmückt. Eine Streckschere, von der es im Heimatmuseum ein altes Exemplar gibt, kam 1963 als Neckinstrument zur Ausstattung des Hansels dazu.

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Die originale Nussschalenhansellarve aus dem 18. Jahrhundert und eine alte Streckschere

Nussschalenhansel 1960
Die ersten Nussschalenhansel 1960

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Mehlwurmhansel

Mehlwurmhansel

Der ganz in Weiß gehaltene Mehlwurmhansel entstand für das 1885 aufgeführte Festspiel "Circus mit Clowns, Tieren und Akrobaten". Eine Holzlarve trugen sie ursprünglich nicht, sondern rieben ihr Gesicht mit einer Speckschwarte ein und bliesen in eine Mehllade. In der Narrenkammer der Familie Krausbeck blieben einige der Mehlwürmer aus jener Zeit erhalten und dienten als Vorbild für deren Neugestaltung auf Initiative von Hans Sartory und seiner Schwester Helga Hoffmann, die bereits 1958 das Schnittmuster entwarf; die älteste Larve entstand 1959. Als Vorbild diente die Larve des Schellenhansels. Für Männer und Frauen gab es zunächst unterschiedlich gestaltete Larven mit mehr männlichen bzw. weiblichen Gesichtszügen. 1961 kamen Heinz und Klaus Tappert zu den Mehlwürmern dazu; die Larven wurden nun von einem Holzbildhauer aus Schonach geschnitzt, das Häs von Schneidermeister Franz Hacker, der im Volksmund de Schniiderpeter hieß, genäht. Als Neckinstrument verwendeten sie zunächst weiß-blau gestreifte Holzpritschen, später dann einen Fuchsschwanz an einem blau-weißen Stab. Im Laufe der Zeit nahm die Zahl der Mehlwürmer stark ab. 1985 bildete sich eine neue Gruppe von zunächst 20 Mehlwurmhansel, die sich an der Fasnet 1987 der närrischen Öffentlichkeit vorstellten. Dabei wurden einige Veränderungen in der Gestaltung vorgenommen: die Hose wurde gekürzt und die Eselsohrenkappe vom Oberteil getrennt. Als Ersatz für den ursprünglich als Neckinstrument verwendeten Fuchsschwanz an einem blau-weißen Stab bekam der Hansel einen kleinen Mehlsack an einem hölzernen Stab in die Hand. Gelegentlich taucht der Mehlwurm auch heute noch in seiner ursprünglichen Form auf.

Mehlwurmhansel 1968
Die Mehlwurmhansel im Jahre 1968

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Röslehansel

Röslehansel rotRöslehansel schwarz

In der Narrenkammer der Familie Krausbeck haben sich Teile eines roten Röslehansels aus dem 19. Jahrhundert erhalten. Sie dienten 1962 als Vorbild für diese höfische Narrenfigur, die an der Fasnet 1963 erstmals wieder öffentlich auftrat und deren Leinengewand und Strohschuhe mit roten Rosetten aus Stoff geziert sind, in deren Mitte eine Schelle sitzt. Die ersten neuen Larven schnitzte H. Glück aus Biberach / Baden. Allerdings gab es damals auch sehr kritische Stimmen zum neuen Hansel; Narrenrat Egon Grieshaber beschimpfte ihn gar wegen der Rosetten als "Dreckbollenhansel". Heutzutage gilt er jedoch unbestritten als eine der schönsten Fasnetfiguren im schwäbisch-alemannischen Raum. Zu verdanken hat er diesen Ruf insbesondere seiner mit einer Rose bemalten Larve, deren Vorbild aus dem 18. Jahrhundert stammt und die wegen ihrer Einmaligkeit oft in Fasnetbüchern abgebildet wird. Im Gegensatz zu früher findet sich heute in den Spritzen der Rösle, wie der Hansel kurz genannt wird, kein Wasser mehr, sondern Konfetti.

Im Besitz der Buchbinderfamilie Moser befindet sich eine um 1780 zu datierende Larve mit einer gelben Blume in schwarzem Rankenwerk, nach der die Larve des 1975 neu entstandenen schwarzen Röslehansels gestaltet ist, dessen Rosetten schwarz sind. Beide Larven erinnern stark an Masken des venezianischen Karnevals.

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Links die originale Larve des roten und rechts die des schwarzen Röselhansels. Beide Larven stammen aus dem 18. Jahrhundert

Rote Röslehansel 1963
Die ersten roten Röslehansel 1963

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Streifenhansel

Streifenhansel

Der Streifenhansel war bis in die 1930er-Jahre sehr beliebt und wurde 1934 als Repräsentant für die Wolfacher Fasnet bei einer Landesfastnachtausstellung gezeigt, geriet dann aber in Vergessenheit. Ihre von Josef Krausbeck initiierte Wiederbelebung begann 1976 zunächst über die Einzelfigur des Gullers, der von einem Streifenhansel getragen wird. Als Vorbild diente ein alter Hansel aus der Zeit um 1865 aus gestreiftem Barchent. Ab 1981 entstanden auf Initiative der Familie Buss einige weitere Exemplare dieses Typs, dessen Farben nicht genormt sind; er trägt schwarze Halbschuhe und passend zu den jeweiligen Streifen zwei verschiedenfarbige Kniestrümpfe. Eine Saubloder dient ihm als Neckinstrument. Die Larven nach einem alten Vorbild im Heimatmuseum weisen als Besonderheit einen gemalten Schnurrbart sowie eine geschnitzte Zahnreihe auf. Der Gullerreiter hatte ursprünglich eine andere Larve mit großer gebogener Nase, die auch der weiße Ur-Hansel von 1927 trug, übernahm aber dann später den Larventyp der übrigen Streifenhansel.

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Links eine Pappmachékopie der originalen Streifenhansellarve aus Ton aus dem 19. Jahrhundert, rechts ein Kinder-Streifenhansel von 1896

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Zwei Streifenhansel beim Festspiel 1929

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Spättlehansel

Spättlehansel

Der Spättlehansel, dessen Häs mit etwa 700 Spättle (kleinen Stoffstücken) benäht ist, war bis zum 1. Weltkrieg recht beliebt, verschwand dann aber von der närrischen Bildfläche. 1996 entwarf und schneiderte Silvia Kniesel den neuen Spättlehansel genau nach dem Original im Heimatmuseum; in einer Zeichnung überlieferte Glasmaler Georg Straub die Form des nicht erhaltenen Hutes.

Spättlehansel

Ungefähr ein Drittel der Spättle ist rot, die anderen entsprechen den Farben der Wolfacher Hansel; ihre genaue Anordnung ist nicht genormt, jedoch dürfen keine gleichfarbigen Spättle aneinander stoßen. Die Ärmel und Strümpfe sind einfarbig rot, die Schuhe schwarz. Als Vorbild für die Larve diente eine Blechlarve mit beweglichem Unterkiefer aus dem Heimatmuseum. In ganz Europa sind nur etwa ein halbes Dutzend Blechlarven bekannt. Beim Zunftabend 1997 entstieg der Hansel auf der Bühne der Festhalle offiziell der Schatzkiste der Wolfacher Fasnet.

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Die originale Spättlehansellarve aus Blech aus dem 17. Jahrhundert

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