Hästräger mit Larven, Teil 2

 Teil 1

Alde Rungunkel und Müller

Alde Rungunkel

Bereits im Fasnetsingspiel "Die Weibermühle von Tripstrill" von Georg Anton Bredelin (1752-1814) wird der Begriff "Rungunkel" erwähnt, ein weit verbreiteter Spott- und Scherzname für alte Weiber, der auch in einem Fasnetspruch auftaucht. 1937 hatten die alden Rungunkeln ihren ersten belegbaren Auftritt als eigenständige Narrenfigur beim Fasnetspiel "Der Narrogeist im Faß" von Josef Krausbeck. Auch 1949, 1958 und 1959 traten sie in Erscheinung. Auf Initiative von Franz Storz entstand 1958 ein einheitliches Häs und eine Holzlarve, die den offiziellen Segen des Narrenvaters erhielten. Es wurden zugleich die ersten Statuten mit strengen Regeln und einer Kleiderordnung festgelegt.

Müller

Die Rungunkeln tragen ein schwarzes Kopftuch mit roten Flecken, das von einer Messingbrosche zusammengehalten wird, einen Peter aus klein gemustertem Stoff, dunkle Handschuhe, eine blau gestreifte oder karierte Schürze, einen dunklen Rock, eine weiße Spitzenunterhose, schwarz-rot geringelte Wollsocken und Strohschuhe sowie einen großen hölzernen Kochlöffel.

Die Müller, die die Rungunkeln in die bei den Umzügen mitgeführte Altweibermühle stecken, bekamen eine an historischen Vorbildern orientierte Berufskleidung und entwickelten sich dadurch ebenfalls zu einer eigenständigen Fasnetfigur.

  
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Die ältesten Rungunkellarven

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Rungunkeln 1960
Alde Rungunkeln 1960, damals noch mit Besen

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Langenbacher Tiere

Langenbacher Tier 2007

Nach einer alten Sage spukte früher das Langenbacher Tier von der Abenddämmerung bis zum Betzeitläuten am anderen Morgen im vorderen Langenbachtal bis über die Straße und den Brühl zur im Wald gelegenen Wallfahrtskapelle St. Jakob hinauf. Den Mesnern auf St. Jakob habe es oft den Weg ins Rorateamt gezeigt, indem es mit einem brennenden Scheubel, einer in Öl getränkten Floßweide, einige Schritte vor ihnen herging bis zur Stadtmühle bei der Stadtbrücke, wo es plötzlich verschwand. 1937 trat das Langenbacher Tier erstmals bei einem Festzug auf in Form eines von zwei Männern getragenen drachenähnlichen Ungeheuers und war auch später gelegentlich an der Fasnet zu sehen. Die Kameradschaft Langenbach / Übelbach e.V. beschloss 1989, eine neue Fasnetfigur nach diesem Vorbild zu schaffen. Das Langenbacher Tier trägt ein gezacktes grün-rotes Gewand mit langem Schwanz und eine von Roland Severin Schuler entworfene Drachenlarve aus Holz. Zum Necken der Zuschauer benutzen sie den in der Sage erwähnten Scheubel. Da die Langenbacher Tiere keine traditionelle Narrenfigur im Sinne der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte ist, beschränken sich ihre Auftritte auf Umzüge in Wolfach und Umgebung.

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Das Langenbacher Tier beim Festzug 1958

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Die Höhle der Langenbacher Tiere beim Festzug 2020 in Oberwolfach

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Ur-Hansel 1927

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Ochsenwirt Rudolf Straub veröffentlichte 1926 im "Kinzigtäler" einen Aufruf, die durch den 1. Weltkrieg in Vergessenheit geratenen alten Wolfacher Hansel wieder zu beleben. Der damals erst 17-jährige Josef Krausbeck beschloss daraufhin, zur Fasnet 1927 einen neuen Hansel von Fanny Schmidt nähen zu lassen. Als Modell diente ein altes Häs, das Krausbecks Großvater Josef um 1865 aus gestreiftem Barchent, der oft für Bettbezüge und Strohsäcke Verwendung fand, herstellen ließ. Da Krausbeck keinen gestreiften Stoff auftreiben konnte, benutzte er einen so genannten Hamburger Blusenstoff in weiß, geschmückt mit gelben und schwarzen Einfassungen.

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Die Holzlarve schnitzte der Wolfacher Holzbildhauer Ludwig Maier nach einer etwa 200 Jahre alten Larve (rechts) aus dem Besitz von Schreinermeister August Geiger, die sich heute wie auch der Hansel selbst im Heimatmuseum befindet. Derselbe Larventyp diente 1976 zunächst auch als Vorbild für die Larve des Streifenhansels, der den Guller trägt.

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Mi-Parti-Hansel

miparti2 (16K) Mi-Parti-Hansel

Bis zum 1. Weltkrieg gehörte ein Hanseltyp in den Farben Gelb und Rot zu den beliebtesten Narren-Figuren in Wolfach. Das Häs dieses Hansels ist ein Mi-Parti, also ein farblich vertikal geteiltes Kleid. Ein Kinder-Mi-Parti-Hansel von 1883 der Familie Krausbeck ist im Heimatmuseum ausgestellt (Bild links). 2003 kam ein gut erhaltenes Häs dieses Hanseltyps aus dem 19. Jahrhundert, das der Familie Sandfuchs gehörte, auf einem alten Dachboden zum Vorschein (Bild rechts). Dieser alte Hansel ist auf einem Foto des Festzugs 1925 zu erkennen. 1927 diente er beim damaligen Festspiel als Verkleidung für den Hofnarren des Grafen Konrad von Wolva.

Bei der Elfemess am Schellementig 2004 trat der Mi-Parti-Hansel erstmals wieder nach 77-jähriger Pause an der Fasnet auf, getragen von Frank Schrader, dem Ur-Ur-Enkel des einstigen Besitzers. Im Jahr darauf wollte Schrader den Mi-Parti-Hansel - in Erinnerung an die Rolle seines Großonkels Albert Sandfuchs als Hofnarr des Grafen Konrad 1927 - auf der Burg Wolva beim Fasnetusrufe tragen, doch wurde ihm dies durch Narrenvater Vitus Kessler und Narrenrat Wilfried Schuler aus Angst vor möglichen negativen Reaktionen der Hausacher Narrenzunft trotz der über die Fasnet geltenden Narrenfreiheit verboten.

Mi-Parti-Hansel 1925

Mipartihansel 1927

Mipartihansel bei der Elfemess 1925 (links) und beim Festspiel 1927 (rechts)

Josef Krausbeck überlieferte die Geschichte, dass die Familie Sandfuchs ihren Mi-Parti-Hansel eines Tages an einen Bekannten in Hausach verlieh und daraus dann der heutige Hausacher Hansel entstand. In dem Buch "Mittleres Kinzigtal im Brauchtum. Erzählungen, Sagen und Schnurren" des gebürtigen Hausachers Gustav Hirt, erschienen bei "August Sandfuchs. Buchdruckerei und Verlag. Wolfach / Schwarzwald", ist zu lesen:

"Der Hausacher Spättlenarro oder Spättlehans, wie er in den [18]80er und [18]90er Jahren auftrat, entwickelte sich im 14. Jahrhundert aus der gotischen Zaddeltracht, wurde nach dem großen Krieg durch gelbrote Maskenkleider verdrängt und wird dereinst auch wieder in alter Tracht erscheinen. Von den vom Spättlenarro getragenen Holzlarven, wie sie schon um 1780 zur Maskierung dienten, sind nur noch einige Stücke vorhanden. Neu angefertigte im Stile der bisherigen historischen geschnitzten Holzlarven gibt es z. Zt. wieder 18 Stück. ... Des Hausacher "Narro" altüberliefertes Fasnetskostüm, das schon Großvater, Urgroßvater und Ururgroßvater als Spättlekleid an der Fasnet trugen, hatte als Gesichtsbedeckung eine aus Hartholz geschnitzte, mit Ölfarbe gestrichene Holzlarve, die kein dämonisches, sondern ein freundliches Gesicht und Miene machte, an einem Tuch befestigt war, das die Kopfseiten und Hinterteil ganz verdeckte. Auf dem oberen Kopfteil saß ein kleiner Pappdeckelhut, auf dem an einem senkrecht stehenden Pappdeckel ein 30—40 cm großer farbiger Federbusch in die Höhe ragte. In keiner andern alemannischen Stadt oder Dorf ist diese Holzlarve mit vielfarbigem Federnbusch üblicher Brauch. Die Narrenstadt Hausach ist berechtigt den Titel als Alleinträgerin dieser Fasnetskostümierung für sich in Anspruch nehmen zu können. Die mit buntfarbigen, unten abgerundeten Tuchresten übernähten Hosen und Jacken, das Kostüm, glich einem Schindeldach der Bauernhäuser der Triberger Gegend. Die heutige Jacke ist halb längs rot und halb längs gelb, ebenso ein Hosenbein rot, das andere gelb."

Hier ist eindeutig ausgesagt, dass der Hausacher Hansel ursprünglich ein Spättlehansel war und nach dem "großen Krieg" - gemeint ist damit der 1. Weltkrieg - von den "gelbroten Maskenkleidern" verdrängt wurde. Falls diese Angaben stimmen, würde sich die von Josef Krausbeck überlieferte Enttstehungsgeschichte das Hausacher Hansels bestätigen.

Weitere Einzelheiten zur Entstehungsgeschichte des Hausacher Hansele

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Spitzgücklehansel

Nach mündlicher Überlieferung gab es im 19. Jahrhundert einen Spitzgücklehansel, dessen Häs mit weißen, rosa und braunen Spitztüten behängt war, die es damals in jedem Lebensmittelladen zum Einpacken der Ware gab.

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Spitzgücklehansel. Zeichnung von Stefan Rösch

Beim Festzug an der Fasnet 2017 stellte eine der Festspielgruppen den Spitzgücklehansel dar, der eine rote Hose trug, einen schwarzen Kittel, auf den die Spitztüten aufgenäht waren, und einen einfarbigen Spitzhut in Rot, Gelb oder Blau. Es blieb jedoch bei diesem einmaligen Auftritt.

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Spitzgücklehansel beim Festzug 2017

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