Das Lied vom Wolfacher Wohlauf
von Josef Roberz
Der in Wolfach geborene Telegraphenbeamte Josef Roberz (1885-1970) war im Familienkreise bekannt für seine heiteren und besinnlichen Gedichte und Lieder zu Familienfesten; er betätigte sich auch als Maler. Am Fasnetsamstag, den 2. März 1935, veröffentlichte die Zeitung "Der Kinzigtäler" Roberz' "Lied vom Wolfacher Wohlauf", das er auf die Melodie des Studentenliedes "Krambambuli" dichtete.
Zum Lied "Krambambuli", dessen Text 1745 von Christoph Friedrich Wedekind (1709-1777) erstmals veröffentlicht wurde, gibt es mehrere Melodievarianten, die auf das um 1740 entstandene Lied "Das Kanapee" zurückgehen. Die ersten fünf Takte des Liedes finden sich bereits in der Altstimme des vor 1582 entstandenen vierstimmigen Madrigals "Sopra dur'" des Komponisten Gratiano Fido di Sezza. Eine vierstimmige Fassung des Krambambuli-Liedes für Männerchor komponierte 1848 Thomas Täglichsbeck (1799-1867), Kapellmeister des Fürsten zu Hohenzollern-Hechingen.
Das Lied vom Wolfacher "Wohlauf"
Text: Josef Roberz 1935; Melodie: Crambambuli
1. Welch' ein Getöse schallt, welch' Jauchzen
vom Tor herein im Morgengrau'n?
Der Wohlauf kommt und weckt die Schläfer,
die heimlich aus den Fenstern schau'n.
Zwar ist die Morgentoilett'
noch nicht bei allen ganz adrett,
doch finden sie es auch schon so ganz nett.2. Denn närrisch Blut rinnt in den Adern
bei allen, ob sie drin, ob draus,
drum schlupft in Wolfe auch ein jedes
zum Wohlauf aus den Federn raus.
Hei wie es in die Herzen dringt,
wenn's durch die dunklen Gassen klingt:
Wacht auf, wohlauf, ihr Narren, lacht und singt.3. Die Zipfelmützen auf den Ohren,
im langen weißen Nachtgewand,
im Scheine alter Stallaternen,
zwei Deckel in der Narrenhand,
so drängt sich draus die Narrenbrut.
In ihres Herzens warmer Glut
regt sich der alten Ahnen Narrenblut.4. Der Narrenvater auf dem Wagen
steigt aus dem Bett bald hier, bald da
und kündet seinen Narrenkindern,
daß jetzt der Narrentag ist da!
Der Narrenmusik lauter Schall
weckt in den Herzen Widerhall
und ho narro! tönt es gleich überall.5. Auch jenen, die mit kalten Füßen,
ganz heimlich an den Fenstern steh'n
kann man die warme Narrenfreude
aus ihren Augen leuchten seh'n.
Doch ob sie durch die Straßen geh'n,
ob s' hinter den Gardinen steh'n,
Hemmglunker sind sie wie sie geh'n und steh'n.6. In frohem Zuge rund durch's Städtle
zieht so des Wohlaufs lust'ge Schar
und übt der Ahnen alte Sitte
in Ehren fort von Jahr zu Jahr.
Es steckt in solchem Brauchtum drin
ein volksgebund'ner tiefer Sinn.
So mög's auch immer bleiben fürderhin.