Schnurren

vor der Fasnet

Jeweils am Sonntagnachmittag vor der Fasnet wird in Wolfach in den Gastwirtschaften geschnurrt. Die Schnurranten tragen dabei, meist in gereimter Form, oft auch mit Gesang und Musik ausgestaltet, Missgeschicke, Torheiten und lustige Begebenheiten ihrer Mitbürger vor, die sich im Jahr zuvor ereigneten. Meist verkleiden sie sich dabei so, dass sie den Geschnurrten möglichst ähnlich sehen und imitieren typische Gesten und das Verhalten.

Schnurrgruppe Sandfuchs
Schnurrgruppe Sandfuchs in den 1930er Jahren

Nach ihren Auftritten gehen die Schnurranten von Tisch zu Tisch mit einer Narrenkasse und sammeln Spenden für die Finanzierung der Fasnet. Eine alte aus Eisen geschmiedete und noch heute verwendete Narrenkasse dürfte ursprünglich eine so genannte "Schwörbixe" gewesen sein, in die früher für jedes Fluchwort gemäß der fürstenbergischen Landesordnung eine bestimmte Geldstrafe zu entrichten war.

Narrenkasse
Alte eiserne Narrenkasse

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Bereits im Jahre 1600 lässt sich in Wolfach der erste Schnurrant nachweisen. Damals wurde Michel Knoller bestraft, weil er zur Fasnetzeit maskiert einen anderen Bürger geschmäht habe. Die zahlreichen Holz- und Papierlarven aus dem 18. und 19. Jahrhundert lassen vermuten, dass damals das Schnurren unter Larven weit verbreitet war, wie es heute noch in manchen Narrenstädten wie Rottweil oder Villingen gepflegt wird. Damals zogen die Schnurranten jeweils an den Sonntagen vor der Fasnet durch die Gastwirtschaften und improvisierten je nachdem, wen sie dort antrafen, ihren Geschichten. Gelegentlich besuchten sie auch Privathäuser. Mit dem Verschwinden der Hansel zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam auch diese spezielle Form des Schnurrens, die Rudolf Straub noch in seinem Aufruf zur Erneuerung der alten Hanseltradition 1926 beschrieb, außer Mode. Nach und nach verlor das Schnurren seinen überwiegend improvisierenden Charakter. Die Qualität der gedichteten Schnurren nahm durch die immer gewissenhafter werdende Vorbereitung zu; oft waren nun auch Moritaten zu hören.

Erich Steinhauser und Rolf Lorenz
Erich Steinhauser und Rolf Lorenz

Die Form des Schnurrens, wie es sich im 20. Jahrhundert entwickelt hat mit dem Umherziehen durch die Gastwirtschaften einzelner Gruppen mit vier bis acht Schnurranten, die innerhalb von 15 bis 30 Minuten nach einem einstudierten, gereimten Text lustige Begebenheiten szenisch darstellen, greift die im 15. und 16. Jahrhundert vor allem in Nürnberg gepflegte Tradition des Fastnachtspiels wieder auf, das seinerzeit auf eine sehr ähnliche Art und Weise durch eine umherziehende Spielschar in den Gastwirtschaften und Privathäusern zur Aufführung kam.

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Der 1969 eingeführte Zunftabend fand ursprünglich am Dienstag vor dem Schnurrsonntag in der Schlosshalle statt; ab 1971 musste er wegen des großen Besucheransturms jeweils am folgenden Tag wiederholt werden, bis er 1977 in die große neugebaute Festhalle verlegt werden konnte. 2003 wurde der Termin des Zunftabends auf den Freitag verschoben, damit im Anschluss an das offizielle Programm gegen Mitternacht noch ein gemütliches närrisches Zusammensein möglich ist.

Dick und Doof
"Dick und Doof": Raimund Schuler und Albert Wöhrle

Das Programm des Zunftabends bestand zunächst überwiegend aus Schnurrauftritten, der Preisverleihung des Narrenblättleteams, gelegentlichen Ehrungen verdienter Narren und dem "Einfall" der Rungunkeln in der Pause mit Verabreichung des Rungunkelfraßes. Doch entwickelte sich der Abend durch die ständig abnehmende Zahl an Schnurrgruppen zu einem närrischen Bunten Abend mit Sketchen und Spielszenen, die im Gegensatz zum Schnurren in den Lokalen nur auf einer großen Bühne zu realisieren sind; dabei wird in den letzten Jahren immer ein übergreifendes Thema für den ganzen Abend gewählt.

Bei den Jungnarrenversammlungen in der Vorfasnetzeit gab es bis Anfang der 1970er-Jahre manchmal einige Jungschnurranten zu sehen, von denen die Besten dann beim Zunftabend auftreten durften.

Eine eigene Schnurrtradition entstand ab 1967 bei der "Wieberfasnet" der Katholischen Frauengemeinschaft Wolfach, die zunächst im alten Pfarrhaus neben der Kirche, dann in der Gastwirtschaft "Zum Kreuz" und seit 1990 im neu erbauten katholischen Gemeindehaus jeweils am Dienstag vor der Fasnet stattfand. Einige der Schnurrbeiträge wurden auch bei der närrischen Veranstaltung der 1971 entstandenen Ökumenischen Aktionsgemeinschaft Wolfach (ÖAW) wiederholt.

Nach dem Ausfall der Fasnet 1991 entschlossen sich alle katholischen Gruppierungen innerhalb der Pfarrgemeinde, ab 1992 am Schmutzige Dunnschtig im Gemeindehaus eine gemeinsame Pfarrfasnet zu veranstalten, die jedoch in manchen Jahren mangels Beteiligung ausfallen musste.

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