Geldbeutelwäsche

am Aschermittwoch

Die Geldbeutelwäsche findet am Aschermittwoch um 13 Uhr statt. Zunächst gehen die 20 Wäscher durch das Wäschergässle am Rathaus und die Hauptstraße zur Klagemauer vor dem Finanzamt im östlichen Schlossflügel und beweinen dort in stiller Trauer ihre leeren Geldbeutel; ihr Weg führt sie danach an den Stadtbrunnen, wo sie ihre Geldbeutel waschen und bürsten, zum Trocknen auf eine Leine hängen und unter Tränen und lautem Wehgeschrei ihr ganzes Leid über das in der Fasnetzeit verprasste Geld beklagen. Nun geht es in das Hotel "Krone", wo einer der Wäscher unter dem Geheul seiner Mitbrüder eine Trauerrede hält, bevor sie mit Löffeln aus einem Topf Stockfisch essen. Der Brauch endet mit einem Empfang im Rathaus, bei dem der Bürgermeister nach einem wortreichen närrischen Hin und Her mit den Wäschern wieder in sein Amt eingesetzt wird.

Geldbeutelwäsche 1938
Geldbeutelwäsche 1938

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Bereits um 1865 lässt sich die Geldbeutelwäsche als Abschluss der Fasnet in Wolfach nachweisen. In seiner Erzählung "Theodor der Seifensieder" schreibt Heinrich Hansjakob, dass damals nach dem Begraben der Fasnet am Stadtbrunnen "die leeren ledernen Geldbeutel gewaschen wurden". Aus einer Zeitungsnotiz geht hervor, dass nach dem Krieg 1870/71 die Narren ihre Geldbeutel vorübergehend nicht mehr im Stadtbrunnen, sondern im Gewerbekanal bei der Stadtbrücke wuschen.

Geldbeutelwäscher Klagemauer 1953
Geldbeutelwäscher an der Klagemauer 1953

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts geriet der Brauch in Vergessenheit, bis er 1924 bei der ersten offiziell genehmigten Nachkriegsfasnet von Neuem entstand. Am Aschermittwoch in der Mittagspause trafen sich vier junge Narren, um ihren Kater mit einem sauren Hering zu vertreiben. Sie gingen zum Gemischtwarengeschäft Alfred Albanus in der Hauptstraße und kauften für jeden einen Hering mit einer Scheibe Schwarzbrot. Da in dem kleinen Ladengeschäft kein Platz zum Sitzen war, stellten sie einen Tisch und vier Stühle auf den Bürgersteig und verspeisten dort ihre Fische. Nachdem sie mit ihrem letzten Geld die Rechnung für das Mahl bezahlt hatten, machte einer der Vier den Vorschlag, die leeren Geldbeutel am Stadtbrunnen zu waschen.

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1925 beteiligten sich sieben Narren an der Geldbeutelwäsche; wegen der guten Resonanz unter den Zuschauern beschlossen sie, diesen Brauch von nun an alljährlich zu pflegen und sich dabei einheitlich in Trauerkleidung mit schwarzem Frack, schwarzer Hose und einem Zylinder mit Trauerflor zu zeigen. Die Wäscher führten 1926 den Gang zur Klagemauer ein und schlossen den Brauch in der Krone ab, wozu der Kronenwirt Hans Allgeier, der auch teilnahm, seinen Gildebrüdern eine Portion Stockfische stiftete.

Geldbeutelwäsche 1958
Am Aschermittwoch ist alles vorbei...

1930 fand eine konstituierende Versammlung der Wäschergilde statt, in der die genaue Abwicklung des Brauches festgelegt wurde, die sich bis heute kaum verändert hat. Vor dem Stockfischessen hält seither einer der Wäscher eine Trauerrede über die verflossene Fasnet und die Schlechtigkeit der Narren und der Welt. 1953 erweiterten die Wäscher ihren Brauch nach dem Stockfischessen durch den Gang auf das Rathaus, um den von den Narren entthronten Bürgermeister wieder in sein Amt einzuführen.

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